Rolf Stratmann |
von Ratsherrn Rolf Stratmann, Fraktionsvorsitzender
Die SPD in Peine hat das alte Regionsgespenst wieder zum Leben erweckt. Anlass ist dieses Mal der Auftrag des Peiner Kreistags an Landrat Franz Einhaus zur Brautschau für den finanziell angeschlagenen Landkreis. Gesucht ist eine zukunftssichere und vor allem finanziell lukrative Ehe mit umliegenden Bräuten, insbesondere in Salzgitter.
In diesem Fall ist das Naheliegende aber nicht immer gleich das Beste. Oder andersherum gefragt: Was ist denn dran am Bräutigam Landkreis Peine ?
Für die Braut Stadt Salzgitter fällt die Antwort ernüchternd aus: nicht viel. Abgesehen von ein paar Frühlingsgefühlen in den SPD-Fraktionen hier und da hat Peine wenig, was Salzgitter weiterbringt. Der Landkreis ist finanziell nicht besser gestellt als die Stadt, sein Haushalt aufgrund der Schwerindustrie genauso konjunkturanfällig wie hier.
Was aber muss Salzgitter für eine Ehe mit Peine aufgeben ? Sehr viel – die Kreisfreiheit stünde auf dem Spiel. Stellt man diese Vor- und Nachteile gegenüber, merkt man sehr schnell, dass die Verbindung für Salzgitter ein schlechtes Geschäft ist.
Es gibt aber noch weitere Gründe für einen Beibehalt der Kreisfreiheit Salzgitters. Der Status der Stadt als Oberzentrum widerspricht einer Einkreisung und Zusammenlegung mit dem Mittelzentrum Peine. Die hohe Arbeitsmarktzentralität Salzgitters mit starkem Einpendlerüberschuss und ihre Funktion als bedeutender Wirtschaftsstandort sprechen ebenfalls für eine Alleinstellung.
Wollte man die Bevölkerungsbasis der Gebietskörperschaften vor Ort stärken, wäre die Eingemeindung umliegender Kommunen in die Stadt Salzgitter die sinnvollere Lösung. Denn wenn es schon eine Strukturreform geben soll, dann muss sie organisch erfolgen und nicht auf die Schnelle nach dem Prinzip „Hauptsache Heiraten, irgendwer findet sich schon“. Für Salzgitter bietet sich etwa die Aufnahme der Wolfenbütteler Exklave um Baddeckenstedt an. Die dort lebenden Bürger sind für ihr tägliches Leben sowieso auf den Süden der Stadt fokussiert und nicht auf ihren Kreissitz im viel weiter entfernten Wolfenbüttel.
Für die beste Lösung halte ich jedoch die Intensivierung der Interkommunalen Zusammenarbeit IKZ, in der selbständig bleibende Kommunen Aufgaben in gemeinsamer Verantwortung zentral erledigen und dadurch Synergiepotentiale heben. Salzgitter ist hier bereits Vorreiter mit dem Gemeinsamen Gesundheits-, Verbraucherschutz- und Veterinäramt, das zusammen mit dem Landkreis Goslar betrieben wird. Ein weiteres Beispiel ist die Kooperation mit der Samtgemeinde Baddeckenstedt in Fragen der Vollstreckung.
IKZ: Gemeinsam mehr erreichen |
Die IKZ steckt aber trotz aller Forderungen nach verstärktem Einsatz noch immer in den Kinderschuhen. Nicht nur die Kommunen machen zu spärlich Gebrauch von den Möglichkeiten, auch Land und Bund haben hier noch viele Hausaufgaben beim Rechtsrahmen zu erledigen.
Steuer- oder vergaberechtliche Schwierigkeiten machen die Zusammenarbeit über Gemeindegrenzen oftmals so kompliziert, dass von den guten Vorsätzen der Gemeinde- und Stadtväter am Ende nichts mehr übrig bleibt. Die Bundes- und Landespolitik muss diese Hindernisse zügig abräumen, etwa durch die Privilegierung von Kooperationsvorhaben bei der Umsatzsteuer oder bei der Vergabe von Aufträgen.
Schließlich wäre die stärkere finanzielle Förderung von kommunalen Kooperationen durch das Land für die flächendeckende Verbreitung von IKZ wichtig. Nachdem die neue Landesregierung durch Abschaffung des Zukunftsvertrages von David McAllister den Kommunen einen wesentlichen Anreiz zur Veränderung genommen hat, sollte sie die freien Mittel auf diese Weise in den kommunalen Bereich zurückgeben.
Durch den Zukunftsvertrag der alten CDU / FDP-Landesregierung ist erhebliche Bewegung in die kommunale Landschaft gekommen. Diesen Schwung dürfen die Kommunen in Niedersachsen nicht schon wieder durch falsche Förderpolitik verlieren.
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